Neuling in der ältesten Formel
Björn Corzilius aus Groß-Zimmern steigt vom Kart in ein Rennauto

Von Udo Döring
Raus aus dem Kart, rein in ein Formel-Auto. Dieser Umstieg ist das erste große Ziel aller jungen Motorsportler. Björn Corzilius hat es erst einmal geschafft. Der 20 Jahre alte Chemiestudent aus Groß-Zimmern fährt Formel Ford - eine von zehn Klassen, die als sogenannte Top-Ten-Serie auf acht Rennstrecken Station machen. Am Wochenende ist Saisonstart in Oschersleben, Renndebüt für Björn Corzilius.
Der Umstieg wäre vielleicht gar nicht erfolgt, wenn er im Vorjahr nicht schmerzhaft aus seinem Kart hätte aussteigen müssen. Bei einem Finallauf auf dem Nürburgring überschlug sich der Groß-Zimmerner mit seinem Kart - die Hand war gebrochen, die Chance, mit einer Platzierung auf sich aufmerksam zu machen, war dahin. Er fiel scheinbar auch ohne gutes Ergebnis positiv auf! Talentsucher von Ford beobachteten seinen Einsatz und luden ihn zum Probetraining ein, als die Hand wieder geheilt war.
Gute Rundenzeiten bei miserablem Wetter in Zolder - kurze Zeit später war der Vertrag perfekt. Freilich geht im Motorsport nichts ohne Mitgift. Für den Einsatz in einem Spitzenteam müssen Fahrer in der Formel Ford schon eine viertel Million Mark mitbringen. Björn Corzilius ist für einen knapp sechsstelligen Betrag beim IFM-Racing-Team nahe Moers untergekommen. Noch müssen aber weitere Sponsoren gefunden werden, um die Finanzierung der kompletten Saison zu sichern.
Mit einem Platz unter den besten Zehn wäre Corzilius für das erste Jahr schon zufrieden. "Wenn es nicht klappt, muss ich halt härter arbeiten", sagt er im Bewusstsein, dass in seiner Serie zwar nur Formel-Ford-Autos fahren, aber noch lange nicht alle die gleichen Voraussetzungen haben. Er ist mit seinen tausend Trainingskilometern schon zufrieden, andere haben 3000 abgespult. Er fährt seine ersten Rennen, andere schon im dritten Jahr in dieser Serie. Er fährt ein 97er-Modell, andere geben in der neuesten Ausgabe der Formel Ford Gas. Corzilius hofft deshalb, in der so genannten B-Wertung der älteren Autos punkten und ein bisschen Preisgeld einfahren zu können.
Seit 1967 gibt es die nun älteste Monoposti-Klasse. Gern wird mit Weltmeistern wie Ayrton Senna, Michael Schumacher und Mika Häkkinen geworben, die ebenfalls in einem Formel Ford zu ersten Lorbeeren kamen. Aber zur 34 Jahre langen Geschichte gehören auch die unzähligen Nachwuchspiloten, die im Motorsport kaum oder gar nicht weitergekommen sind. Mangels Klasse oder mangels Geld. Das weiß auch Björn Corzilius, der weit davon entfernt ist, sich für den neuen "Schumi" zu halten. Erst einmal ist er froh, Autorennen in einem Formel-Auto fahren zu dürfen.

Quelle: Darmstädter Echo vom 28.4.2000